Interview mit Außenminister Dr. Guido Westerwelle

SenGermany: Herr Westerwelle der US-Präsident hat gerade Deutschland besucht und besucht vom 26. bis 28. Juni den Senegal. Vor ihm haben seine zwei Vorgänger Bill Clinton und Georges W. Busch auch den Senegal besucht. So ist der Senegal das einzige westafrikanische Land, das von allen drei letzten US-Präsidenten besucht wurde. Was sagt Ihnen dieses Vertrauen der USA an den Senegal?

 

Westerwelle: Senegal hat sich einen sehr guten internationalen Ruf erarbeitet, und das nicht nur in den USA. Dieses hohe Renommee ist das Ergebnis des aktiven Engagements der senegalesischen Regierung für regionale Stabilität und Sicherheit sowie der vorbildlichen demokratische Entwicklung des Landes. Senegal gehört zu den Ländern, bei denen die positive Entwicklung und das Potential des Kontinents besonders anschaulich werden. Vor diesem Hintergrund ist auch Deutschland sehr daran interessiert, die partnerschaftlichen Beziehungen zu Senegal weiter auszubauen.

 

SenGermany: Allein in den letzten zwölf Monaten hat der Frankreichs Präsident François Hollande seine erste Afrika-Reise mit dem Senegal begonnen, Laurent Fabius, Frankreichs Außenminister, hat sogar am 28. Juli 2012 Vertreter der senegalesischen Zivilgesellschaft getroffen, Hillary Clinton hatte am 1. August 2012 vor dem senegalesischen Parlament gesprochen, Stephen Harper, der kanadische Ministerpräsident, war auch kurz von Ihnen am 11. Oktober 2012 im Senegal. Sie haben auch Ende Oktober 2012 den Senegal besucht und die Demokratie dieses Landes gelobt. Doch Demokratie kann man nicht essen, denn als die senegalesische Regierung in diesem Jahr 5000 öffentliche Stellen angeboten hat, haben sich über 200.000 junge Arbeitslose beworben. Denken Sie nicht, dass die Zeit gekommen ist, die Privatwirtschaft im Senegal zu fördern?

 

Westerwelle: Es gibt einen Zusammenhang zwischen demokratischer Entwicklung und freier privatwirtschaftlicher Entfaltung. Rechtsstaatlichkeit und Rechtssicherheit sind wichtige Voraussetzungen dafür, dass Investitionen in ein Land kommen. Für die Menschen in Senegal kommt es darauf an, wie sich ihre persönliche ökonomische Situation verändert. Arbeitsplätze entstehen nicht nur im staatlichen Sektor, sondern müssen auch durch Stimulierung der Privatwirtschaft geschaffen werden. Die senegalesische Regierung hat mit ihren Fokus auf Wirtschaftswachstum und einem verbesserten Investitionsklima die richtigen Prioritäten identifiziert.

 

SenGermany: SenGermany, der Verein der senegalesischen Ingenieure und Wirtschaftswissenschaftler in Deutschland, versucht mit der Hilfe der nordrhein-westfälischen Regierung das duale Ausbildungssystem in den Senegal einzuführen. Sie haben es in Tunesien gefördert. Würden Sie das auch für den Senegal tun?

 

Westerwelle: Das deutsche duale Berufsbildungssystem stößt weltweit auf großes Interesse. Durch die Weitergabe von Kenntnissen nicht nur in der Berufsschule, sondern auch im Arbeitsprozess, wird eine praxisnahe Ausbildung garantiert. Deutschland ist gern bereit, seine Erfahrungen auf dem Gebiet der Berufsbildung mit Senegal zu teilen. Die angestrebte Kooperation mit der Regierung von Nordrhein-Westfalen ist dafür ein guter Ansatz.

 

SenGermany: Am 8. November 2013 wird der erste Deutsch-Senegalesische Wirtschaftsgipfel in Zusammenarbeit mit der IHK Düsseldorf stattfinden. Wie kann der Bund die ersten Schritte der deutschen Privatwirtschaft im Senegal unterstützen?

 

Westerwelle: Für die Bundesregierung hat die Förderung des Außenhandels einen hohen Stellenwert. Veranstaltungen wie der geplante Wirtschaftsgipfel sind sehr wichtig. Ich hoffe, dass er auf entsprechendes Interesse bei deutschen und senegalesischen Firmen stoßen und zu konkreten Kooperationsprojekten führen wird. Gerade die Firmen des deutschen Mittelstandes sind oft sehr interessiert und bieten ihren ausländischen Partnern oft hervorragende, an die jeweiligen lokalen Gegebenheiten angepasste Produkte an.

 

SenGermany: Im September 2009 hat die senegalesische Regierung in Washington eine Finanzierung in Höhe von 540 Millionen Dollar über den MCA (Millennium Challenge Account) für fünf Jahre unterschrieben. Der US-Präsident Barack Obama wird sehr wahrscheinlich am 26. Juni die amerikanische Hilfe für den Ausbau der Infrastrukturen im Senegal verlängern. In welchen Bereichen hilft Deutschland dem Senegal zurzeit?

 

Westerwelle: Bei den Regierungsverhandlungen im November 2012 zwischen Senegal und Deutschland hat die Bundesregierung Senegal eine Unterstützung von 57 Millionen Euro für die Jahre von 2012 bis 2014 zugesagt. Ab dem Jahr 2015 wird sich die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern auf „Erneuerbare Energien und Energieeffizienz“ konzentrieren. In der Casamance haben wir dazu beigetragen, mehr als 60 Dörfer mit Strom zu versorgen. Darüber hinaus engagiert sich die Bundesrepublik bis ins Jahr 2015 weiterhin in den Sektoren Dezentralisierung und nachhaltige Wirtschaftsförderung.

 

Es sind im Senegal zudem vier der deutschen politischen Stiftungen vertreten. Sie arbeiten dort mit der Zivilgesellschaft, Vertretern der Wirtschaft, Journalisten und der Regierung zusammen. Über diese langfristige Zusammenarbeit hinaus unterstützt die Bundesregierung auch immer wieder kurzfristig Initiativen der Regierung und der Zivilgesellschaft, um Verbesserungen in bestimmten Lebensbereichen zu erbringen.

 

SenGermany: Der letzte G8-Gipfel ist am 18. Juni in Nordirland zu Ende gegangen. Dabei haben Sie der Steuerflucht und der Geldwäsche den Kampf angesagt. Die neue senegalesische Regierung versucht das Gleiche und bittet um die Hilfe der internationalen Gemeinschaft. Wie kann Deutschland dabei helfen?

 

Westerwelle: Wir verfolgen das Vorgehen der Regierung gegen Korruption sehr aufmerksam. Wichtig ist, dabei im Rahmen von Recht und Gesetz vorzugehen. Die Bundesregierung fördert seit vielen Jahren den African Peer Review Mechanism, u.a. durch Unterstützung für das Sekretariat dieser Institution. Präsident Macky Sall hat vergangenes Jahr angekündigt, dass Senegal sich in diesem Rahmen erneut einer Überprüfung unterziehen will. Das begrüßen wir.

 

SenGermany: Senegals Staatspräsident Macky Sall gehört zu den vier afrikanischen Präsidenten, die am 28. März 2013 vom US-Präsidenten Barack Obama empfangen wurden. Kurz zuvor hatte Macky Sall am 8. März eine Rede an der Universität von Harvard gehalten. Stimmt das, dass Sie den senegalesischen Präsidenten für einen Staatsbesuch in Deutschland eingeladen haben?

 

Westerwelle: Wir würden uns sehr freuen, wenn Präsident Sall zu Gesprächen nach Deutschland kommen könnte. Wir werden sehen, wann ein konkreter Termin möglich ist.

 

Herr Minister, Danke für das Interview.

 

Ibrahim Guèye

SenGermany

 

 

Joomla templates by a4joomla