Interview mit Herrn Peter Magauer, Sprecher der Geschäftsführung,  Andritz Hydro

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SenGermany: Herr Magauer, wir freuen uns sehr, dass Sie auf den 3. Deutsch-Senegalesischen Wirtschaftsgipfel vom 4. November 2016 in Duisburg sprechen werden. Aber Sie waren vom 10. bis 12. Oktober auf der internationalen Konferenz und Messe „Hydro 2016“ in Montreux (Schweiz), wo Sie u.a. mit Experten aus Afrika und dem Senegal gesprochen haben. Können Sie uns Näheres dazu sagen?

 

Peter Magauer: Ja gerne. Aber ich freue mich zuerst sehr über die Einladung auf Ihren 3. Deutsch-Senegalesischen Wirtschaftsgipfel, weil Afrika für uns in den Mittelpunkt des Interesses gerückt ist. Wir sind einer der führenden Ausrüster von Wasserkraftanlagen, stellen Turbinen und Generatoren her mit allem, was dazu gehört, wobei wir hier am Standort Ravensburg diesen wichtigen Teil Turbine und zwar von der Projektierung über Engineering bis zur Fertigung und Montage mit unserer Mannschaft betreuen und auch fertigen.

SenGermany: War die Fertigung in Ravensburg ein Hauptthema in Montreux? 

Peter Magauer: Die Konferenz in Montreux ist technisch. Ich selbst habe einen technischen Hintergrund, bewege mich gerne in der Technik und spreche gerne mit Fachleuten. Die HYDRO-Konferenz, dieses Mal in Montreux, ist die größte regelmäßige Konferenz, die sich nur mit Wasserkraft beschäftigt. Es waren diesmal 1.400 Teilnehmer, die alle im Bereich der Wasserkraft tätig sind. Das geht von Universitätsinstituten zu Kunden, die Kraftwerke bauen und betreiben, Systemlieferanten wie uns oder Lieferanten von Komponenten, und das ist immer ein lebhafter und interessanter Austausch. Und auch von afrikanischen Besuchern wird diese Konferenz ganz gerne besucht, weil sie eben diese Mischung von sehr solider kompetenter Technik und Kontakten sowie Netzwerken schätzen.

SenGermany: In welchen afrikanischen Ländern sind Sie hauptsächlich aktiv?


Peter Magauer:
Innerhalb von Afrika sind wir in den letzten Jahren eher weiter südlich oder auch östlich unterwegs gewesen. Der größte Auftrag kommt aus in Angola: ein 2.100 MW-Kraftwerk, wo wir die Turbinen liefern. Wir machen eine große Erneuerung in der Demokratischen Republik Kongo im Kraftwerk II von Inga. Wir haben in Ostafrika mehrere Aufträge mit kleineren Anlagen. Wir haben gerade ein Team in Ruanda, das dort einen wichtigen Auftrag verhandelt, und wir sind zuversichtlich, dass wir in Kürze den Auftrag unterschreiben werden. Also diese Region hält uns sehr in Atem.

SenGermany: Sie sprechen vom südlichen und östlichen Afrika. Ist Westafrika ein weißer Fleck auf Ihrer Afrikakarte?


Peter Magauer:
Westafrika ist uns nicht ganz fremd. Aber da ist die Intensität der Projekte nicht oder noch nicht so dicht. Wir erneuern die Anlage von Manantali in Mali nahe an der Grenze zu Senegal, wo wir auf die geänderten Bedingungen der Produktionsweise reagieren und die Maschinen entsprechend umbauen.

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Staudamm von Manantali (Mali) mit Turbinen von Andritz Hydro, Ravensburg (Deutschland)


SenGermany: Können Sie das vertiefen, gab es in Manantali Funktionsstörungen?


Peter Magauer:
Die Anlage hat schon funktioniert. Nur die Dimensionskriterien oder die Kriterien, wie die Anlage gebaut werden muss und betrieben wird, haben sich geändert. Als wir den Auftrag in den 90er Jahren bekommen hatten, war die übliche Betriebsweise run of river, mit einer konstanten Betriebsweise und wenig Regelbewegungen. Und entsprechend wurden diese Kaplanmaschinen mit einer sehr hohen Fallhöhe, also mit relativ viel Druck auf die Kaplanschaufeln, dimensioniert. Das sind hier sieben Schaufeln, deren Lagerung in kleinem Raum untergebracht werden muss, so dass die Dimensionierungskriterien eine große Rolle spielen. Und da haben wir die Lagerung so gebaut, dass sie der normalen statischen Beanspruchung und dieser Betriebsweise, die in der Ausschreibung beschrieben war, leicht standhalten. Also es gab kein Problem mit den Maschinen, so lange sie konventionell mit wenig Laständerungen betrieben wurden.

SenGermany: Und was ist der Grund der Reparaturen zurzeit?


Peter Magauer:
Durch den Zubau von neuen erneuerbaren Energien und die Abnahme der Reservekapazität hat sich die Dynamik in dem Netz geändert. Die Wasserkraftwerke haben immer mehr die Aufgabe, das Netz zu regulieren und stabil zu halten, damit am Schluss die Frequenz konstant bleibt und die Geräte gut arbeiten. So kann die Gefahr der Stromausfälle niedrig gehalten werden. Also die Aufgabe der Wasserkraftwerke ist in vielen Fällen verschoben worden von einfachen Energieerzeugern zu Netz regeln und Netz stabil halten. Das geht mit den gleichen Anlagen aber erst, wenn einige Details geändert werden. Und als das erste Laufrad schwere Schäden hatte, haben wir das untersucht und Maßnahmen vorgeschlagen, wie wir die Konstruktion anpassen können, indem wir wesentliche Teile der Maschinen anders dimensionieren.

SenGermany: Wie lange werden diese Verbesserungsarbeiten noch dauern?


Peter Magauer:
Es gibt einen Terminplan für den gesamten Ausstauch. Und bei so einem Umbau ist es in der Regel nicht so, dass man alle Maschinen möglich schnell durchzieht. Bei einem Neubau haben wir ein Intervall von typischerweise drei Monaten. Alle drei Monate geht eine Maschine in Betrieb. Hier sind es zwei pro Jahr. Manchmal eine Maschine pro Jahr. In Manantali haben wir zwei Maschinen pro Jahr vorgeschlagen, weil man es schnell umbauen will. Wir haben zwei schon eingebaut. Es fehlen noch drei und es wird sicher noch zwei Jahre dauern, bis die Arbeiten fertig sind.

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Innerer Turbinendeckel der Kaplanturbine / Manantali - Mali


SenGermany: Wann haben Sie mit dem Umbau angefangen?


Peter Magauer:
Vor etwa zwei Jahren. Sie müssen denken, dass wir zuerst den Zustand analysieren mussten, ein Design entwerfen, und dafür brauchen wir genaue Berechnungen. Dann bestellen wir Material. Das ist Spezialguss, rostfreier Stahlguss mit sehr hoher Festigkeit. Je nach Größe der Teile dauert es acht bis zehn Monate, bevor wir das Teil überhaupt bekommen. Dann wird es geschweißt, bearbeitet und zusammengebaut. Das braucht wieder ein halbes Jahr, bis die Teile nach zwei Monaten auf der Baustelle eintreffen. Dann wird etwa wieder fünf bis sechs Monate montiert. Also Sie kommen bei einer Maschine schon auf eine gesamte Vertragsdauer von typischerweise drei Jahren, wobei bei einem Umbau immer wichtig ist, wie lange die Maschine nicht im Betrieb ist. Das kann bei großen Anlagen etwa ein Jahr sein, in dem kein Strom produziert wird.

Sengermany: Wie viel Mitarbeiter haben Sie im Moment vor Ort?


Peter Magauer:
Wir haben vor Ort drei bis vier eigene Mitarbeiter. Wir arbeiten immer mit einem Montagepartner zusammen, der die Manpower zur Verfügung stellt: Schlosser, Schweißer und Elektriker. Und wir haben, soweit es geht, lokales Personal. Unser Prinzip ist immer zu schauen, wie die Qualifikation des Personals vor Ort ist. Bei größeren Anlagen haben wir in der Regel ein Schulungsprogramm dabei. Als Teil des Projektes in Angola gibt es zum Beispiel ein Schulungszentrum, das von der Baufirma gebaut wird. Wir veranstalten Kurse drei Jahre lang mit einer Vermittlung von Fachqualifikation, damit unser Kunde über mehr gut ausgebildete Fachleute verfügt.

PM IG

 

SenGermany: Schulen Sie auch im Moment in Mali?


Peter Magauer:
Das ist ein kleinerer Auftrag, bei dem nur ein gewisses Training zum Betreiben der Anlage vorgesehen ist. Wir können auch Schulungen anbieten. Das machen wir manchmal als eigene Dienstleistung, oder es geschieht im Rahmen von sehr großen Aufträgen.

SenGermany: Zurück zu Hydro 2016 in Montreux, die wichtigste Veranstaltung europaweit für Wasserkraft. Haben Sie Zeit gehabt mit den Fachleuten aus dem Senegal zu sprechen?


Peter Magauer:
Ja natürlich! Allein aufgrund meines Interesses für die Technik und für unsere Märkte und für unsere Kunden. Aber vor allem mehrere afrikanische Kunden u.a. auch von der OMVS (Organisation für die Entwicklung des Senegal-Flusses) und OMVG (Organisation für die Entwicklung des Gambia-Flusses), die beiden Flüsse in Westafrika, die mehrstaatliche Firmen haben und die Projekte machen, ist natürlich interessant, weil mehrere Projekte am Horizont sind.

SenGermany: Welche Konkurrenten treffen Sie auf dem Afrikanischen Markt?


Peter Magauer:
Wir haben als Europäer in Afrika das Problem oder die Herausforderung, dass China in dieser Region dominant ist. Und China kommt oft mit Gesamtlösungen: Finanzierung, Bau und Maschinen. Was wir von unseren Kunden oft hören, ist dass es mal besser mal schlechter geht und dass die Termintreue oft nicht so gut ist. In Ravensburg bauen wir schon 160 Jahre lang Turbinen: Seit Anfang 1856 bis heute bauen wir Wasserturbinen und haben 460 Leute, die das Geschäft von der Pike auf kennen. Fast die Hälfte davon sind Ingenieure. Und neue Länder wie China sind eher noch nicht so lang gewöhnt an gute Standards und haben nicht diese Breite an Erfahrung.

SenGermany: Schön und gut aber Sie sagen, die Chinesen kommen mit Komplettlösungen. Das heißt, in China steht der Staat dahinter. Bei Ihnen steht weder die Bundesrepublik Deutschland noch die Regierung in Österreich dahinter. Können Sie unter diesen Bedingungen mit den Chinesen konkurrieren?


Peter Magauer:
Nicht immer, aber wir haben Beispiele, wo es funktioniert. Wir sehen auch vom deutschen Staat zunehmend Unterstützung. Unterstützung ist etwas weit gegriffen aber die Art und Weise, wie man Afrika sieht, hat sich geändert. Vor wenigen Jahren noch haben wir von der deutschen Regierung, wenn ich zum Beispiel an das BMZ denke, vor allem Aktivitäten auf der sozialen Seite und bei der dezentralen Landwirtschaft gesehen. Das sind Aktivitäten, die wichtig sind aber meiner Ansicht nach, hat man viele Jahre das Thema Infrastruktur, Energie und Verkehr vernachlässigt. Ich bin in der letzten Zeit viel in Afrika unterwegs und das ist egal, ob Sie in Kairo, in Luanda oder in Kinshasa sind, die Städte ersticken im Verkehr. In Luanda haben Sie an jeder Straßenecke Dieselgeneratoren, um überhaupt Strom zu erzeugen. Die Müllabfuhr funktioniert nur teilweise. Bei Wasser und Abwasser besteht großer Nachholbedarf und es wohnen dort sechs Millionen Leute. Das ist ein Problem, das wir lange Jahre in Deutschland einfach ignoriert oder unterschätzt haben. Und ich glaube, erst jetzt durch das Thema Flüchtlinge und Migration wurden wir darauf gestoßen, dass man für die Entwicklung der Infrastruktur etwas tun muss.

SenGermany: Was würden Sie der Bundesregierung empfehlen?


Peter Magauer:
Wir sollten mehr europäische Projekte machen und das logischerweise unter deutscher Führung. Deutschland kann hier Lokomotive sein, und wir haben gute Partner in Frankreich, natürlich auch in Österreich, denn immer wenn wir die Turbine hier in Deutschland herstellen, nehmen wir den Generator von Österreich mit. Da gibt es natürlich noch viel mehr Möglichkeiten für diverse Allianzen innerhalb Europas. Davon würde ich gerne noch mehr sehen, damit wir uns wirklich mehr als europäische Alternative gegenüber den Chinesen positionieren können. 

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Das Francislaufrad für Wasserkraftanlage Guri II versorgt die Hälfte von Venezuela mit Strom

 
SenGermany: Was macht Euler Hermes?


Peter Magauer:
Das wollte ich gerade sagen. Schrittweise sehen wir eine gute Entwicklung. Es sind jetzt in den letzten Jahren immer mehr Länder auf die Liste gekommen, für die Euler Hermes bereit ist, eine Exportrisikogarantie zu geben, und gerade Senegal ist ein gutes Beispiel. Euler Hermes hat vor etwa einem Monat öffentlich bekannt gegeben, dass jetzt auch die Elfenbeinküste und Ruanda eligible sind. Senegal ist bereits seit einigen Monaten auf dieser Liste. Wenn wir Maschinen herstellen und einen gewissen Anteil in Deutschland machen, so dass auch in Deutschland ein großer Teil der Arbeit bleibt, dann können wir im Umfang der Maschinen eine Hermes-Deckung beantragen und sollten sie für den Senegal auch bekommen. Das heißt, in diesem Fall kann im Rahmen einer Gesamtfinanzierung eine Bank den Teil finanzieren, der unserem Equipment entspricht, was für den Kunden sehr attraktiv sein kann.

SenGermany: Eine deutsche Bank?


Peter Magauer:
Ja, das wird eine deutsche Bank oder eine Bank mit Niederlassung in Deutschland sein. Das Problem ist nicht das Geld an sich. Es ist genug Geld vorhanden. Und unsere Projekte sind eigentlich eine tolle Möglichkeit, Geld langfristig anzulegen. Ein Wasserkraftwerk ist immer eine sehr hohe Investition mit einer langen Rückzahlungsperiode. Erst nach 15, 20, 25 manchmal auch 30 Jahren ist die Investition zurückgezahlt. Aber unsere Maschinen sind auf über 40 bis 50 Jahre Betrieb ausgelegt. Nach diesen 50 Jahren macht man eine Modernisierung, etwa neue Laufräder, dann geht es noch einmal 50 Jahre weiter. Und wenn die Investition zurückgezahlt ist, sind die Betriebskosten sehr niedrig, sodass die alten abgeschriebenen Wasserkraftwerke die beste Einnahmequelle für unsere Kunden sind.

SenGermany: Sie haben von mehreren Projekten in Afrika gesprochen, die am Horizont sind. Welche neuen Projekte haben Sie in Westafrika identifiziert?


Peter Magauer:
Wir haben schon gesehen, dass zum Beispiel in Guinea die beiden ersten Projekte von chinesischen Firmen gebaut werden. Wir haben damals nicht angeboten, weil wir damals nicht in der Lage waren, eine attraktive Alternative anzubieten. Selbst wenn Andritz Hydro eine der drei führenden Firmen für Turbinen ist und wir mit unseren anderen Andritz-Firmen alles anbieten können, was die Ausrüstung betrifft, können wir nicht den Bau abdecken. Und etwa zwei Drittel einer Anlage, manchmal bis zu 70 oder sogar 80 Prozent, sind Bauarbeiten. Das ist eine andere Welt. Das erfordert eigenes Knowhow. Da gibt es Faktoren wie Geologie, die wir nicht beherrschen. Und zumindest müsste man für ein Gesamtprojekt den Bau und die Ausrüstung zusammenbringen. Man braucht auch einen Planer, der das Gesamte koordiniert. Dann braucht man eine Bank, die das finanziert. Das sind vier Parteien, die notwendig sind. Der Vorteil von China ist, dass alles zentral geführt und gesteuert ist. Und sie schaffen es leichter so ein Gesamtpaket zu schnüren.

SenGermany: Bedeutet das, dass Sie keine Chance gegen China haben?


Peter Magauer:
In manchen Fällen tun wir uns mit einer Baufirma zusammen. Zum Beispiel arbeiten wir als Subcontractor für eine französische, österreichische oder deutsche Baufirma. Aber es ist sehr mühsam. Es gibt mehr Baufirmen in anderen Ländern als es Lieferanten gibt und für dieses Zusammengehen ist es extrem schwierig, den richtigen Baupartner auszuwählen. Ich habe schon bei vielen Gelegenheiten bis hin zu afrikanischen Staatspräsidenten das Thema angesprochen und vorgeschlagen, dass wir es für die Wirtschaftlichkeit eines Projektes sinnvoller finden, wenn man zumindest mit zwei getrennten Paketen an so ein Projekt herangeht: Die Maschinen und den Bau. Dabei gibt es Mechanismen mit dem Ziel, möglichst gemeinsame Terminpläne, Schnittstellenlisten, Agreements zu definieren, sodass man aus den zwei Paketen dann für die Realisierung eine koordinierte Gesamtstruktur hat.

SenGermany: Welche Bauunternehmungen in Deutschland kämen für Sie für solche Großprojekte in Frage?


Peter Magauer:
Leider haben wir in Deutschland eine Ausdünnung von Bauunternehmen erfahren. Deswegen gehen wir innerhalb von Europa ganz gerne zu nicht deutschen Firmen, auch weil wir dann für die Finanzierung zum Beispiel mit einer französischen Firma kooperieren, die COFACE verwenden kann. Wir bekommen dann für die Absicherung der Turbinen Euler Hermes und für die elektrische Seite die ÖKB von Österreich.

SenGermany: Am Anfang haben Sie auch von neuen Anforderungen für Ihr Unternehmen gesprochen bzw. insgesamt für diejenigen, die Wasserkraftwerke bauen. Weil weltweit mehr erneuerbare Energien angewendet werden, bekommen Sie neue Auflagen. Können Sie diese Herausforderung uns erläutern?


Peter Magauer:
Wenn wir mit der Dimensionierung einer Turbine anfangen, müssen wir immer die Kriterien wissen. Die klassische Kriterien sind: Leistung und Fallhöhe. Was immer wichtiger wird, ist der Einsatzbereich: Wie viel Zeit fährt man im Teillast. Wenn man das Netz regulieren will, fährt man eine Maschine, die 100 MW hat, nicht mit 100 oder 90 MW sondern häufig auch mit 50 MW. Und eine Francis-Maschine mit 50 Prozent Leistung rumpelt ganz schön. Und das kann, wenn man das nicht vorher berücksichtigt, Schäden an der Maschine hervorrufen. Einmal die Maschine stillstellen und wieder hochfahren, konsumiert quasi wesentlich mehr Lebensdauer als Hunderte Stunden Betrieb. Wie oft das geschieht, muss man vorher wissen. Wir sind heute in der Lage, die Beanspruchung der Bauteile mit dieser dynamischen Fahrweise zu berechnen, und wenn man das berechnen kann, kann man auch die Komponenten so auslegen, dass sie 50 Jahre lang halten.

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Francis-Maschine von Andritz Hydro für den Staudamm Inga II in der Demokratischen Republik Kongo

 
SenGermany: Bei einem Gespräch mit Herrn Michael Vehinger, zuständig für Westafrika bei der KfW, sprach er von der Verbindung von Wasserkraftwerken, Wind- und Solarenergie. Wo sehen Sie sich da?


Peter Magauer:
Ich bin überzeugt, da spreche ich für Andritz und für mich als Person, zukünftige Energieszenarien werden sich vorwiegend auf erneuerbare Energien stützen. Und da sehe ich die Wasserkraft als eine logische Säule in der erneuerbaren Energie, ideal zu verbinden mit Wind- und Solarenergie, weil die Wasserkraft vor allem dann, wenn man gewisse Speichermöglichkeiten hat, gut regulierbar ist. Wir haben z.B. in Afrika Projekte laufen, wo man Wasserkraft und Photovoltaik kombiniert. Das ist schon sehr attraktiv, weil man am Tag die Solarenergie nutzt und das Wasser im Speicher lässt. Und am Abend, wenn der Bedarf eher steigt und die Sonne weggeht, dann fährt man mit den Wasserturbinen.

SenGermany: Sie kommen von der technischen Seite. Können Sie uns Ihre Laufbahn erklären?


Peter Magauer:
Ich habe Maschinenbau in Graz studiert und bin seit 1982 in der Firma tätig, die heute Andritz ist. Hier sind mehrere Firmen zusammengegangen. Ich bin seit 1987 im technischen Verkauf bei derselben Firmengruppe. Nur der Name hat gewechselt. Ich war von 1982 bis 1997 in Linz in Österreich bei Voest Alpine VA-Tech. Wir waren damals sehr gut bei Turbinen mit niedriger Fallhöhe aber nicht besonders gut mit höher Fallhöhe. Dann haben wir in der Schweiz in Vevey am Genfer See eine Firma gekauft, die Nummer zwei in der Schweiz war und Turbinen mit großer Fallhöhe gut beherrschte. Nummer eins war Escher-Wyss in Zürich. 1997 bin ich nach Vevey gegangen, um die Tochterfirma ein bisschen näher an das Stammhaus heranzuführen und auch, um technologisch das Niederdruck-Knowhow von Österreich in die Schweiz und das Hochdruck-Knowhow aus der Schweiz nach Österreich zu bringen.

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Dipl.-Ing. Peter Magauer, Sprecher der Geschäftsführung, Andritz Hydro, vor seinem Büro in Ravensburg


SenGermany: Und seit wann arbeiten Sie in Deutschland?


Peter Magauer: 
Ich bin seit 2000 bei Andritz Hydro in Ravensburg als Folge der nächsten Zusammenlegung von Firmen. 1999/2000 hat die österreichische Mutter die Firma Sulzer-Escher Wyss gekauft. Escher Wyss war bis dahin einer der Hauptkonkurrenten und stieß dann zu uns. Für große Anlagen war damals schon der wichtigste Standort von Escher Wyss hier in Ravensburg. Man hat zwar auch sehr viel aus der Schweiz gemacht, aber vor allem was Großanlagen betrifft, haben wir die Kompetenz hier in Deutschland gehabt. Und auch unsere Werkstätte war damals schon sehr wichtig. So wurde ich gebeten, im Sinne des Zusammenführens der Firmen innerhalb der neuen Gruppe, nach Ravensburg zu gehen, auch weil ich immer im Bereich der Großanlagen aktiv war, in der Schweiz wollte man sich aber auf Service und kleinere Projekte spezialisieren.

SenGermany: Welche Konkurrenten haben Sie in Ihrer Branche?


Peter Magauer:
Wenn Sie sich den Weltmarkt für hydraulische Anlagen anschauen, werden Sie feststellen, dass wir im Vergleich zu anderen Industrien eine sehr kleine Branche sind. Nur um eine Größenordnung zu geben, es sind etwa fünf Milliarden Euro jährlich, manchmal etwas mehr, die weltweit im Bereich Turbinen und Generatoren vergeben werden, auch weil die Maschinen so lange halten. Man baut einmal ein Kraftwerk, wir liefern die Maschinen und es läuft 50 Jahre. Darum ist es kein riesiges Volumen. Die drei führenden Firmen haben ihren Hauptsitz in Europa. Das ist Voith, Andritz und Alstom aus Frankreich, die von General Electric (GE) übernommen wurde. Bei GE ist die Konzernzentrale in den USA, aber die Wasserkraftverantwortung ist in Frankreich geblieben. Aber ich glaube, mehr als die anderen haben wir unsere Stärke in Europa erhalten, auch um Europa im Service gut zu bedienen. Wir glauben auch, dass das Knowhow und Engineering, wie man komplexe Projekte macht, nach wie vor in Europa sehr gut ist. Und da haben unsere Mitbewerber etwas mehr Akzente Richtung Asien verschoben, unsere Philosophie war jedoch: „Asien aufbauen, aber Europa stark halten.“

SenGermany: Trotz der Konkurrenz mit den Chinesen haben Sie eine Niederlassung in China?


Peter Magauer:
Ja richtig! Wir haben eine Firma mit drei Standorten in China, Gesamtanlagen und Engineering machen wir in Beijing. Wir haben ein Fertigungs-Joint Venture in Chengdu und wir haben von Andritz auch eine Firma mit einer Gießerei in Foshan. Wir sind in China gut ausgestattet, wobei sehr oft bei den weltweiten Projekten das Projekt aus Europa geführt wird und ein großer Teil der Komponenten aus China kommt und zwar aus Kostengründen. Besonders anspruchsvolle Bauteile fertigen wir aber bei uns in Deutschland. Mit diesem Mix können wir beste Qualität mit sehr professioneller Abwicklung sicherstellen.

Herr Magauer, Danke für das Gespräch


Das Interview führte Ibrahim Guèye

 

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